Was brauchen Grundschüler?

Karl Türck

Was brauchen Grundschüler?

 

Gerade noch war in der Dorstener Zeitung (25. Juni 2019) zu lesen, dass die Rektorin der Albert Schweitzer Schule Burgi Beste in den Ruhestand geht. Aus diesem Anlass gab es sogar ein längeres Interview. Heute wird nun berichtet, dass sie sich im Schulausschuss vehement für die Interessen der Grundschulen eingesetzt hat.

 

Man konnte bereits aus dem Interview ein Engagement herauslesen, das sozusagen den vorgegebenen Rahmen der fragwürdigen schulischen Bedingungen sprengt. Ihre diesbezüglichen Äußerungen im Interview noch einmal im einzelnen:

 

Raumnot – Nach Burgi Beste bedeutet das, zu hohe Klassenstärken und keine Möglichkeit, Kleingruppen zu bilden. (Was, wie sie betont, für anzustrebenden differenzierten Unterricht erforderlich ist.)

 

Aber: Kein Geld, letztlich vom Bund, für Sanierung und Ausbau von Schulen mit Klassengrößen von höchstens 24 Schülern.

 

Außerdem: In allen Schulen zusätzlich Erzieher, Sozialarbeiter und Sonderpädagogen (Inklusion).

 

Im Schulausschuss beim Thema neue Mensa für die Antoniusschule wurde klar, mit wie kleinen Schritten die Politik sich den eigentlich selbstverständlichen Zielen einer ehemaligen Schulleiterin nähert: Immerhin können die Schüler einer Grundschule demnächst Mittag essen.

 

„Wir begrüßen jede Verbesserung an einer Schule, aber wir würden uns auch wünschen, dass man ganz Dorsten in den Blick nimmt.“ (Burgi Beste im Schulausschuss)

 

Das würden wir uns auch wünschen. Es ist keineswegs damit getan, dass die Kleinen der Antoniusschule demnächst Mittag essen können.

Sekundarschule - Forderungen

„...die hervorragenden Anmeldezahlen...“ (Schuldezernent)

Nach den offiziellen Anmeldetagen waren es nur 82 Kinder. Gerade einmal 7 über der notwendigen Mindestanzahl von 75. Die dazu gekommenen 43 müssen wohl die „Unglücklichen“ sein, die von den Schulen ihrer Erstwahl abgewiesen wurden. Wenn wir diese 43 Schüler die zweite Wahl nennen und die ursprünglichen 82 die erste Wahl, stellen wir fest, dass mehr als ein Drittel des ersten Jahrgangs der Sekundarschule eigentlich eine andere Schulform gewählt hatten.

 

Zwei LeserbriefschreiberInnen haben inzwischen überzeugend dargestellt, warum der von der Schulverwaltung verbreitete Jubel unangebracht ist (Frau Dr. Anke Soick und Herr Arno Gödde). Wir, DIE LINKE.Dorsten, möchten anmerken, welche schulpolitischen Konsequenzen daraus gezogen werden sollten.

 

Von Werner Mörs, CDU, 1.Beigeordneter in den 70-er und 80-er Jahren, weiß das Dorsten-Lexikon zu berichten: Er glaubte noch, in die Schullandschaft sei Ruhe eingekehrt, als auch er von der plötzlich einsetzenden heftigen Diskussion um die zweite Gesamtschule überrascht wurde.

Das war um 1983. SPD-Mitglieder in Wulfen („Nordlichter“) forderten eine zweite Gesamtschule für Dorsten am Pliesterbecker Schulzentrum. Die CDU (Mörs) stimmte dagegen und mit ihnen die „Südlichter“ der SPD. Damit war der Plan für die nächsten 35 Jahre vom Tisch!

 

Eine Folge davon ist jedes Jahr, dass die Gesamtschule Wulfen bei den Anmeldungen einen mal größeren, mal kleineren Überhang hat. Zeitweilig haben den unsere beiden Gymnasien auch. Aber Überhänge beim Gymnasium gehören zum dreigliedrigen System. Da müssen Eltern damit rechnen, dass ihre Kinder bei der Anmeldung oder auch noch nach der Erprobungsstufe nach unten gestuft werden. Und das heißt in der Regel in die Hauptschule. Das nennt sich äußere Differenzierung und gehört zum System. An der Gesamtschule ist man ein für allemal, man wird gefördert bis zum Abschluss, der bei Eignung und Fleiß auch Abitur heißen kann. Aber wenn es nicht genügend Plätze gibt? Ab in die Sekundarschule. Sie ist in Dorsten diejenige Schule, die jetzt allein die Rolle der nicht mehr vorhandenen Hauptschulen übernehmen muss: abgewiesene Schüler von der Gesamtschule, vom Gymnasium und womöglich der letzten (kirchlichen) Realschule aufzunehmen. Und eben daher kommen die „hervorragenden Anmeldezahlen“. Ob der Schuldezernent nun sagt, es gäbe keine Hauptschüler mehr: das ändert an den genannten Tatsachen nichts. Bezeichnungen spielen hier überhaupt keine Rolle!

 

Wo schafft die Sekundarschule etwas Neues für die Dorstener Schullandschaft? Wo ist der Fortschritt, wo die Entwicklung? So etwas soll Schul entwicklungs planung sein? Die Schullandschaft in Dorsten entwickelt sich um die stabile Insel Gesamtschule Wulfen wie ein Urwald. Hier geht etwas ein, dort wuchert etwas. Statt eines Plans: ad-hoc-Maßnahmen. Und das seit 40 Jahren!

 

Die Spatzen pfeifen es von den Dächern, dass wieder geburtenstarke Jahrgänge zu erwarten sind. Da ist ein solider Schulentwicklungsplan erforderlich. Damit wir nicht hören müssen: Wo kommen auf einmal die vielen Schüler her? Wir können nicht ahnen, was die CDU vorhat. Vielleicht eine Hauptschule wieder eröffnen? (Zuerst ein paar Bausteinchen wegnehmen, dann wieder hinzufügen – Hauptsache kostensparend!)

 

Nun, wir von den LINKEN wünschen uns nach 40 Jahren Stagnation und Halbherzigkeiten eine zweite Gesamtschule für Dorsten. Man könnte, die leidigen Sparzwänge im Blick, die Sekundarschule aufstocken und in eine Gesamtschule einschließlich Oberstufe umwandeln.

 

Damit wären wir immer noch 50 Jahre hinter zum Beispiel dem finnischen Schulsystem. Aber es wäre ein klitzekleiner Schritt in die richtige Richtung.

 

 

Sekundarschule

Eine Glosse

(Bezug: Schülerzulauf sprengt Prognose, DZ, DNL 01, Freitag, 6.April 2018. Hier gehts zum Online-Artikel)

 

Eigentümlich, wenn ein vordergründig unvoreingenommener Bericht unter der Hand zu einem Werbeprospekt gerät. Was kann ein neutraler Redakteur schon machen, wenn er von den Informanten mit Reklameslogans überschüttet wird:

  • der Schülerzulauf übertrifft alle Erwartungen
  • (Die Sekundarschule) glänzt vor ihrem offiziellen Start im Sommer 2018 … mit frischen Zutaten (Da fällt jedem Opfer von Reklamezetteln doch gleich ein: „Alles frisch“- „Die Frische-Offensive“ usw.)
  • ...die hervorragenden Anmeldezahlen... (Schuldezernent)                                                       

und mehr noch vom gleichen Kaliber.

 

Vor lauter Begeisterung traut man sich kaum, nachzufragen, woher auf einmal die „hervorragenden Anmeldezahlen“ kommen. Nach den offiziellen Anmeldetagen waren es doch nur 82 Kinder. Gerade einmal 7 über der notwendigen Mindestanzahl von 75. Die dazu gekommenen 43 müssen wohl die „Reumütigen“ sein, die von den Schulen ihrer Erstwahl abgewiesen wurden. Wenn wir diese 43 Schüler die zweite Wahl nennen und die ursprünglichen 82 die erste Wahl, stellen wir fest, dass mehr als ein Drittel des ersten Jahrgangs der Sekundarschule eigentlich zu einer anderen Schulform wollte.

 

Man kann sagen, das gleiche Problem hatten zunehmend die Hauptschulen. Immer weniger Eltern wollten ihre Kinder freiwillig dorthin schicken. Vor allem deshalb ging diese Schulform zugrunde, zumindest in Dorsten. Von dieser Parallele will man aber bei Befürwortern der Sekundarschule nichts wissen.

 

Wenn auch die Nachfrage von Wunschkandidaten nach der „Unesco-Schule“ nicht berauschend war, so versucht man, aus den abschließenden 125 Anmeldungen – mit einem tüchtigen Schuss Propaganda von Seiten der Stadt -  einen umwerfenden Beifallssturm herauszukitzeln.

 

Wer´s glaubt.

 

 

Sekundarschule – eine Scheinlösung bis zur nächsten Wahl

Schön, dass jetzt durch die SPD der kritische Punkt der geplanten Sekundarschule kurz vor den Beschlüssen zur Sprache kommt: der mögliche Besuch einer Oberstufe, damit die Chance auf das Abi. Der SPD-Fraktionsvorsitzende hat hier verbindlichere Zusagen eingefordert.

Wir erinnern uns, dass er vor rund 30 Jahren eine Initiative einiger seiner Genossen aus Barkenberg, aus dem Schulzentrum Pliesterbecker Straße eine zweite Gesamtschule zu entwickeln, boykottiert hat. Hätte es die seinerzeit gegeben, könnten wir uns heute dieses Gehampel mit der Sekundarschule sparen.

Wenn es aber nun der Politik (und der Sekundarschule) nicht gelingt, Eltern davon zu überzeugen, dass ihre Kinder durch den Besuch der Sekundarschule eine ebenso wahrscheinliche Chance auf das Abi haben wie an der Gesamtschule, werden von der absolut weiter sinkenden Zahl von Schülern in Dorsten immer weniger an der Sekundarschule angemeldet. Der neue Name wird an der Entwicklung nichts ändern, die sich jetzt an den verbliebenen Haupt- und Realschulen abzeichnet: Sie wird eingehen mangels Anmeldungen.

Leider ein deprimierendes Fazit. Aber vielleicht ein genügend großer Druck auf den Schulträger, an Stelle von Flickschusterei endlich mal seine Hausaufgaben zu machen!